Entscheid des Bundesgerichts zum nachträglichen Widerruf des Zuschlags
Das Bundesgericht hat sich im Entscheid BGer 2C_515/2022 vom 12. September 2023 mit der Möglichkeit eines Ausschlusses der Zuschlagsempfängerin nach Erteilung des Zuschlags befasst. Zu berücksichtigen war dabei die besondere Rechtslage im Kanton Basel-Stadt (§ 28 des Gesetzes über öffentliche Beschaffungen).
Die Beschwerdeführerin verlangte im Rekursverfahren vor dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt den Ausschluss der Zuschlagsempfängerin, da deren Vertreter um wenige Minuten verspätet an der obligatorischen Begehung erschien. Das Appellationsgericht wies den Rekurs ab.
Vor Bundesgericht wirft die Beschwerdeführerin folgende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf: "Unter welchen Voraussetzungen kann die Vergabestelle einen Zuschlagsentscheid nachträglich widerrufen bzw. eine Zuschlagsempfängerin nach Erteilung des Zuschlags vom Vergabeverfahren ausschliessen, wenn der Widerrufs- bzw. Ausschlussgrund bereits im Zeitpunkt der Zuschlagserteilung bestand bzw. der Vergabestelle bekannt war?".
Nach § 28 des Gesetzes über öffentliche Beschaffungen des Kantons Basel-Stadt kann der Zuschlag nur dann widerrufen werden, wenn ein Verfahrensausschlussgrund vorliegt, der vor dem Entscheid noch nicht bestand oder der ihr nicht bekannt war. Gemäss Bundesgericht gilt diese gesetzlich vorgesehene Einschränkung nur für die Vergabestelle und nicht für die kantonale Beschwerdeinstanz im Rechtsmittelverfahren. Im Rechtsmittelverfahren stellt sich daher einzig die Frage, ob der unterbliebene Ausschluss eine Rechtsverletzung begründet.
Ein Ausschluss wegen einer Verspätung von wenigen Minuten wäre unverhältnismässig und überspitzt formalistisch, so das Bundesgericht. Die Vorinstanz sei daher zu Recht zum Schluss gelangt, dass die Vergabestelle keine Rechtsverletzung beging, als sie die Zuschlagsempfängerin nicht vom Vergabeverfahren ausschloss. Das Bundesgericht weist die Beschwerde daher ebenfalls ab.
Aus diesem Entscheid des Bundesgerichts ist für Vergabestellen mitzunehmen, dass sie die Ausschlussgründe einzelfallspezifisch im Lichte der konkreten Umstände prüfen und anwenden sollten. Sie haben stets die Verhältnismässigkeit zu wahren und das Verbot des überspitzten Formalismus einzuhalten. Es sollten daher weder rigorose Formvorschriften aufgestellt werden, ohne dass die Strenge sachlich gerechtfertigt wäre, noch sollten formelle Vorschriften mit übertriebener Schärfe gehandhabt werden.